Fortsetzung von Leonies Erfahrung…

Von klein auf habe ich gelernt, mich an Formen und Konturen zu orientieren und Äußeres als Maßstab zu verwenden. So habe ich ein festes Bild von einem richtigen Beruf, von einem zu erstrebenden Beziehungszustand (Hausfrau, Mutter, Erwerbstätige, treue Freundin, löbliche Angestellte, etc.), in das ich mein ganz individuelles Sein bisher versucht habe hineinzuzwängen. Das war nie maßgeschneiderte Kleidung, sondern Stangenware, die nie ganz perfekt saß und passte. Es war immer an einigen Stellen zu eng und an einigen zu weit, Farbe und Material waren auch nicht stimmig. Neid, Unzufriedenheit, Manipulation durch Werbung, Selbstverleumdung, das nagende Gefühl irgendwie nicht richtig sein zu können waren die kraftzehrenden Folgen.

Die stimmige, passende Form gibt es nur exakt 1x für mich, und zwar bei mir selber, nicht irgendwo im Außen. Das ist die einzig ehrliche Art zu mir selber zu werden und ich selbst zu sein. Das erlöst mich von Vergleichen mit anderen und von lebenslanger Suche nach dem richtigen Job, nach dem richtigen Beziehungsleben, nach der sinnstiftenden Erfüllung. Und plötzlich stelle ich fest, dass meine Berufung nicht in einem Job, sondern in einer Art und Weise des zwischenmenschlichen Umgangs zu finden ist. Dass ich meine Berufung nicht auf acht Stunden am Tag reduzieren muss. Dass das Leben nicht in erst "schnell die Arbeit erledigen" und dann "jetzt den Feierabend genießen und noch zwei/drei Atemzüge richtig leben" aufgeteilt werden muss. Dass ich jede Sekunde unabhängig von meiner Tätigkeit (also egal ob Windeln wechseln, Streit schlichten, Telefonate führen, Kartoffeln kaufen, Auto fahren, Steuer machen, Klo putzen, etc.) die Chance habe, meine Berufung zu leben und mich dadurch selbst zu erfüllen. 

Mein Leben füllt sich mit einem Reichtum, so dass ich mein Leben mehr und mehr als überfließende Fülle wahrnehmen. Ich merke, wie durch Mut und Klarheit und Eigenverantwortlichkeit Nähe zwischen Menschen.